Am 1.April 1912 ging dann zum ersten Mal Kapitän E.J. Smith auf die "TITANIC" um sie auf ihre Probefahrt zu begleiten.
Wie die "OLYMPIC" wurde auch die "TITANIC" mit allen möglichen Geschwindigkeiten gefahren, gestoppt und wieder gestartet, verschiedene Motorenkombinationen
wurden getestet. Doch wurde ihr nicht abverlangt, so schnell wie möglich eine Meile zurückzulegen oder bei höchster Umdrehungszahl zu fahren, und
anscheinend war sie nicht länger als ein paar Minuten schneller als 20,5 Knoten gefahren worden. Man stellte fest, daß ihr Wendekreis bei dieser
Geschwindigkeit einen Durchmesser von 1155 Metern hatte (während sich das Schiff 630 Meter vorwärts bewegte), eine Vorführung, die beeindruckte.
Als die "Notbremsung" aus einer Geschwindigkeit von 20 Knoten getestet wurde, brauchte das Schiff 780 Meter oder fast eine halbe Meile, um die
Motoren von "Volle Kraft voraus" über "Stop" auf "Volle Kraft zurück" zu bringen und zum Stillstand zu kommen. Auf der Rückfahrt wurde die
"TITANIC" schnell hin und her gesteuert, um zu testen, wie sie sich handhaben ließ und sich beim Schlingern verhielt. Während dieser Tests stellten die beiden Funker John "Jack" Philipps und sein Assistent Harold Bridge die Funkapparate ein und probierten den Marconi-Apparat des Schiffes aus. Auch die Kompasse wurden auf hoher See eingestellt, wo sie keinen Magnetfeldern ausgesetzt waren, wie z.B. in der Werft.
Als letztes wurde noch von Inspektor Francis Carruthers, welcher die Probefahrt des Schiffes im Namen des Belfaster Handelsministeriums abnahm,
verlangt, das die beiden Hauptanker ausgeworfen und die Rettungsboote aus- und wieder eingeschwungen wurden. Sie mussten allerdings nicht
hinuntergelassen werden. Carruthers unterschrieb zusammen mit Andrews und Sanderson ein Zertifikat, welches eine Zulassung für ein Jahr
garantierte und den offiziellen Übergang zur White Star Line dokumentierte.
Jetzt gehörte die "TITANIC" endgültig der Reederei.
Nachdem das Wetter die Testfahrt schon um einen Tag verzögert hatte, holte das Schiff, kaum eine Stunde nachdem
Carruthers, Sanderson und andere von Bord gegangen waren, den Anker ein. Auf ihrer unproblematischen, 570 Meilen langen Reise nach Southampton fuhr die Titanic
durchschnittlich gut 20 Knoten (kurz erreichte sie 23,5 Knoten) und machte in den ersten Minuten des 4. April 1912 im Hafen fest.
![](pics/titanic.jpg)
Wegen des Kohlestreiks in England, war der Hafen von Southampton ungewöhnlich voll mit Schiffen, deren Reisen verschoben oder längst abgesagt
worden waren.
Die Nachfrage war gesunken, da viele ihre Reise oder Immigrationspläne in der Unsicherheit, die durch Treibstoffknappheit
hervorgerufen wurden, verschoben. Dieses Problem wurde für Smith und die "TITANIC" dadurch gelöst, das die "OLYMPIC" einen Beitrag leistete
(sie hatte aus New York zusätzlich Kohle mitgebracht), und das Kohlebunker der anderen IMM-Schiffe, die im Hafen festsaßen, geplündert wurden.
Um eine einigermaßen respektable Anzahl an Passagieren auf die Beine zu stellen, die an der für den 10. April 1912 angesetzten Jungfernfahrt des
luxuriösesten Schiffes der Welt nach New York teilnehmen sollten, sah sich die White Star Line genötigt, viele Reisende von den anderen Schiffen mehr
oder weniger nachdrücklich anzuwerben. Viele darunter, die eine Fahrkarte erster Klasse besaßen, wurden auf der "TITANIC" dann aber nur zweiter
Klasse befördert, was aber keinen Verzicht auf Luxus zu bedeuten hatte. Die zweite Klasse der "TITANIC" war zwar besser, als die erste Klasse auf den
älteren Linern, aber der Ruf der "Ersten Klasse" fehlte trotzdem. Doch trotz dieser Maßnahmen konnte das Schiff nur mit knapp zwei dritteln an
Passagieren besetzt werden.
Gegen 9:30 Uhr am frühen Morgen des 10. April 1912 fuhr eine Daimler-Limousine am White Star Anleger Nummer 44 vor. Obwohl zur
damaligen Zeit eigentlich alle Automobile gegen einen Daimler winzig aussahen, sah an diesem Morgen die Daimler Limousine, hingegen des riesigen schwarzen
Rumpfes der Titanic, winzig aus.
Aus dem Wagen stiegen J. Bruce, Florance Ismay (seine Frau), deren drei jüngsten Kinder und Gouvernante aus.
Aber keiner sollte, außer J. Bruce, dessen Sekretär und sein Diener, an der Jungfernfahrt teilnehmen. Ismay war so ungeduldig und erwartungsvoll,
das er sich nicht einmal mehr die Zeit nahm, dem Daimler mit seiner abfahrenden Familie zum Abschied
hinterher zuwinken. Er hatte nur noch Augen für das neue Schiff der White Star Line, der Krönung seines Lebenswerks. Gegen 10:00 Uhr kamen die zahlenden Passagiere an Bord -hauptsächlich
Briten, die mit anderen Verkehrsmitteln als mit dem Zug nach Southampton gereist waren. Aber der eigentlich Passagierandrang setzte erst ein, als
der erste Zug aus London eintraf. Weniger als 1000 Passagiere gingen in Southampton an Bord (427 Erster und Zweiter Klasse, 495 in der dritten
Klasse, was eine offizielle Gesamtsumme von 922 bedeutete).
H.T. Wilde (Leitender Offizier) kam um sechs Uhr früh an Bord, um Smith´s Ankunft mit
dem Taxi um halb acht vorzubereiten; um acht Uhr wurde die blaue Flagge der britischen Marinereserve gehisst; ein Zug mit Schiffsanschluß, der die
Passagiere der dritten Klasse brachte, traf längsseits ein, der Zug mit den Passagieren der ersten und zweiten Klasse kam um elf Uhr, jeweils vom
Londoner Bahnhof Waterloo. Die ganze Pier war plötzlich mit Menschen und Gepäck überfüllt, während in dem Gedränge die Gepäckträger hin und
her eilten. Viele Passagiere standen einfach ein paar Minuten lang da und blickten voll Ehrfurcht auf das große Schiff mit seinen vier Schornsteinen.
Eltern gaben sich alle Mühe, ihren Nachwuchs beisammen zu halten, während die Passagiere der Ersten, Zweiten und Dritten Klasse nach ihrer
jeweiligen Gangway Ausschau hielten. Es war ein großartiger Anblick, wie das riesige, aber dennoch schlank wirkende Schiff, königlich am White
Star Anlieger lag und Tausende von Menschen sich vor ihm staunend in sein Inneres bewegten oder einfach nur da standen, um die "Königin der
Meere" beim Beginn ihrer ersten Reise zu verabschieden und ihr viel Glück zu wünschen.
Nachdem Kapitän Clarke die Papiere im Namen des Handelsministeriums unterzeichnet hatte,
Händigte Kapitän Smith den Eigentümern, die durch Captain Benjamin Steele, den Marinesuperintendenten in Southampton, repräsentiert wurden, einen kurzen, förmlichen Kapitänsbericht aus. "Hiermit
bestätige ich, das das Schiff beladen und bereit zur Abfahrt ist. Motoren und Kessel sind in gutem Zustand und alle Karten und Geräte auf dem neusten
Stand. Ihr ergebender Diener, Edward j. Smith." Gegen Mittag hieß es dann endlich : "Leinen los", man zog die Gangways ein und machte die Leinen los. Mit einem lauten, tiefen Ton aus dem über 1,5m hohem Dampf- Signalhorn wurde die Abfahrt des Schiffes kund gegeben. Die Menge an der Pier brach in Jubel aus, während sechs kleine Schlepper das Schiff langsam vom Kai zogen. Ein
Großteil der Passagiere versammelte sich auf den offenen Decks der Titanic und winkten den Leuten an Land zu. Man freute sich und war traurig. Die einen, weil sie eine Reise in die "neue Welt" machten, die anderen, weil sie ihre alte Heimat für immer verließen.
Ein unvergesslicher Augenblick, wie sich das Schiff unter Getöse von Dampfpfeifen und Jubel der Menschenmenge
langsam Richtung Fahrrinne bewegte. Dort gab der Lotse dann das Kommando die Maschinen mit "Langsame Fahrt voraus" laufen zu lassen um dann gegen die hereinkommende Flut an den
Liegeplätzen 38 und 39 vorbei mit einer Linkskurve in den River Itchen einzubiegen. Über die drei Schiffstelegrafen auf der Brücke
wurde das Kommando "Langsame Fahrt voraus" zu den Schiffstelegrafen im Maschinenraum übermittelt. Dort wurde dann das
Kommando mündlich an die Maschinisten weitergegeben und die Dampfventile wurden aufgedreht. 46.000 Pferdestärken setzten sich langsam in Bewegung. Zur Brücke kam dann wieder über Schiffstelegraf die Bestätigung, das
die Maschinen "Langsame Fahrt voraus" liefen.
Längsseits der beiden Liegeplätze 38 und 39, waren die Schiffe Oceanic und New York vertäut. Durch den Sog des riesigen Schiffes, wurden die Taue
zwischen der New York und der Oceanic gestrafft, bis sie, wie zu stark gespannte Gitarrenseile zu reißen. Ein 155 Meter Schiff war nun frei und
schwang mit dem Heck nach Steuerbord in den Weg der Titanic; es wurde allein durch die Bugwelle (nicht die "Propeller") des größeren Schiffes in
einem engen, nur zwölf Meter tiefen Kanal gestört. Geistesgegenwärtig rettete C. Gale, der Kapitän des Schleppschiffes "VULCAN", die Situation. Er
manövrierte sein Schiff hinter das Heck der New York und schaffte es beim zweiten Versuch, eine Leine an ihr festzumachen. SO hatte er die
Möglichkeit, das Schiff wieder zum Dock zu ziehen. Jedoch verfehlte das Heck, das aus seiner Verankerung gerissen war, die Titanic nur um einen
guten Meter, bevor weitere weitere Schleppschiffe zu Hilfe kamen, um die New York unter Kontrolle zu bringen. Die beiden weißbärtigen Seebären
(Lotse Bowyer und Kapitän Smith) regierten schnell und geschickt. Bowyer befahl "Maschinen Stoppen" und dann "Volle Kraft zurück", Smith ordnete
an, den Steuerbordanker bis kurz über die Wasseroberfläche abzufieren, bereit ihn fallen zu lassen, um bei einer durch die Motoren unterstützten Kurve
nach Backbord zu helfen, das Heck um den Schwerpunkt des Schiffes nach Steuerbord zu schwingen und so eine Kollision zu vermeiden oder zu
minimieren. Dieses Manöver verzögerte die Ausfahrt der Titanic aus dem Hafen um eine Stunde, nachdem sie Mittags abgelegt hatte.Man nahm wieder Fahrt auf und fuhr nun etwas schneller, aber ohne Absicht die verlorene Stunde wieder aufzuholen in Richtung Normandie.
Kapitän Smith steuerte südöstlich in das Southampton Water um dann die weniger als 80 Meilen bis Cherbourg, in weniger als 4 Stunden Dampferfahrt zurückzulegen.
Um 18:30 Uhr Ortszeit warf man vor dem Hafen von Cherbourg Anker. Da der Hafen von Cherbourg (Frankreich) wesentlich kleiner war, war er nicht
in der Lage, Liner von dieser Größe aufzunehmen. Deswegen ankerte man mit der Titanic wenig außerhalb vor dem Hafen und ließ die Passagiere
(142 erster Klasse, 30 zweiter und 102 dritter Klasse) mit einem extra für die White Star Line gebauten Tender übersetzten. Auf der
Rückfahrt zum Hafen, nahm er 13 glückliche Passagiere der ersten, sieben der zweiten und zwei der dritten Klasse wieder mit. Sie
wollten wahrscheinlich nur den Kanal überqueren.
Majästetisch sah es aus, wie das Schiff bei einbrechender Dunkelheit vor dem
Hafen lag, alle Lichter der sieben Decks leuchteten hell und ein wenig Rauch quoll aus den drei der vier Schornsteinen (Der vierte
war ja nur aus ästhetischen Gründen da und beherbergte einen Ventilator).
Ein einhalb Stunden später lichtete man wieder die Anker und fuhr um 20:00 Uhr Richtung Queenstown (Irland). Am 11. April 1912 um 11:30 Uhr warf man zum letzten mal die Anker um vor dem Hafen von Queenstown, der auch viel zu klein für das große Schiff war, um die letzten Passagiere mit Tendern umzuladen. Es stiegen 120 weitere Passagiere zu. Bis auf sieben alle der dritten Klasse angehörig. Dazu wurden noch 1385 Postsäcke aufgenommen. Ganze sieben Passagiere verließen das Schiff wieder. Nach einem zweistündigen Aufenthalt in Queenstown lichtete die Titanic am Donnerstag, dem 11. April 1912, um 13:30 Uhr zum letzten mal ihre Anker und
machte sich mit 2208 (892 Crewmitglieder, 606 Passagiere erster und
zweiter Klasse, 710 dritter Klasse, zusammen 1316) Menschen an Bord auf den
Weg nach New York. Während der Liner noch in Queenstown lag, suchte J.Bruce Ismay den Ersten
Maschinisten Joseph Bell auf, um mit ihm ein Gespräch unter vier Augen zu führen. Er wollte mit der Titanic etwas schneller in New York sein, als mit der Olympic.
"Es würde Schlagzeilen hageln und eine gute Werbung sein, wenn die Titanic ihr Schwesterschiff schlägt"!! Es war nie die Absicht
das "blaue Band" zu Gewinnen, welches den Schiffen verliehen wurde, welche als schnellstes den Atlantik überqueren. Zu der Zeit
hatte es die "Mauretania" die mit 27,4 Knoten den Rekord hielt, den die Titanic nie hätte schlagen können!! Langsam bewegte sich
die Titanic von Queenstown weg. Als das stolze Schiff die Irische See verließ und in die Gegend des Atlantiks durchschnitt, ließ Kapitän Smith,
höchstbezahlter Mann auf See, welcher den gefeiertsten Liner der Welt kommandiert, beschleunigen um die Titanic mit "Volle Kraft voraus "New
York" näher zu bringen.
Nun begann sich das Leben auf dem Schiff einzuspielen. Zahlreiche Zerstreuungsmöglichkeiten bot die Reederei des Schiffes ihren Fahrgästen. Es gab zwar noch kein organisiertes
Unterhaltungsprogamm mit Partys, Bällen, Tanztees und Spielen, doch es gab ein achtköpfiges "Schiffsorchester", die Band der "TITANIC" mit ihrem enormen Repertoire, und einer
elektrischen Orgel auf Deck A, wo sich der Aufenthaltsraum und der
Rauchsalon der ersten Klasse befanden. Man traf sich auf der Veranda hinter dem
Rauchsalon, welche einen Palmengarten beherbergte, saß im türkischen Dampfbad oder im Beheizten Schwimmbecken, welche für Männer und
Frauen zu verschiedenen Tageszeiten geöffnet wurden. Der Eintrittspreis betrug einen Dollar oder vier Schilling. Nur das
Schwimmbecken alleine kostete einen Schilling. Der Squash-Court zur sportlichen Betätigung, befand sich ein Deck weiter unten,
neben dem Postamt. Der Gymnastikraum auf dem Bootsdeck freute sich über große Beliebtheit bei den zahlenden Passagieren der
ersten Klasse. Wer sich weniger anstrengen wollte, zog sich in den Lese- und Schreibraum zurück.
Fahrgäste der dritten Klasse, brauchten sich auch zu nicht beklagen. Es wurden neue Standards auf den "Olympischen" gesetzt. Der Speisesaal der dritten Klasse, hatte strahlend weiße Wände und es
gab Stühle und nicht wie früher Bänke. Sie verfügten für die unterste Klasse über zwei Bars und über ein Raucherzimmer, daß mit
Eichenpaneelen, hölzernen Tischen, Stühlen und Bänken ausgestattet war. Somit hatte es große Ähnlichkeit, mit einer damals üblichen
Kneipe. Im allgemeinen Aufenthaltsraum, gab es ein Klavier. Die Wände waren weiß gestrichen und mit Kiefernholz verziert. Alle Klassen hatten eine Promenade. Ebenfalls strikt getrennt, wie alles andere auch. Die Mahlzeiten wurden durch den Trompeter P.W. Fletcher lautstark angekündigt und für alle Klassen zu den gleichen Zeiten serviert. Frühstücken konnte man zwischen halb neun und halb elf, Mittagessen gab es zwischen eins und halb drei nachmittags und Abendbrot von sechs bis halb acht Uhr abends. Der Speisesaal der ersten Klasse, konnte 432 Personen Platz bieten, der Speisesaal der zweiten Klasse, bot
394 und war in seiner Ausstattung nicht viel bescheidener als der, der ersten, wogegen der
Speisesaal der dritten Klasse vom Luxus her nicht ganz
mithalten konnte, aber ganzen 473 Personen Platz bot. Den ganzen Tag lang, wurde man von Stewards versorgt, ob man nun in seinem Quartier nach
einem klingelte oder auf Deck nach einem winkte. Also brauchte man sich keine Sorgen machen, das man sich auf der Überfahrt nach New York, zu
Tode langweilen würde.
|